Einst Zierde der Sälzerstadt

Haus Wüst, in dem Geschichte geschrieben wurde, vor Abriss

VON HELMUT STEINES (Nachricht in der Neuen Westfälischen vom 20.11.2007)

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Salzkotten. Ein altes Sälzerhaus, erbaut 1652 im Rund der Stadtkirche St. Johannes Baptist, wird dort bald verschwinden. Der Bauausschuss des Rates der Stadt Salzkotten hat dazu bereits grünes Licht gegeben.

Bis 1883 war es das Haus Nr. 65 Am Kirchhof (Westerhude), danach das Haus Nr. 148 in der Klingelstraße und heute dort die dortige Nr. 3. Lange prägte es das Stadtbild. Auch ein Stück Stadtgeschichte wurde hier geschrieben.
Wer der Erbauer war, konnte bisher nicht ermittelt werden. Alte Salzkottener sprechen hier aber von einem Sälzerhaus, das im 18. Jahrhundert nachweislich der Familie Blome gehörte. Später kam es in den Besitz von Josef Jürgens (1872-1957). Jürgens war Kaufmann, Auktionator und Mitglied des Stadtrates. Am 17. Februar 1919 erwarb Jürgens für die Summe von 250.000 Reichsmark das gesamte, über 11 Hektar große Salinengelände von Clemens Graf von Westphalen, der nach und nach alle 24 Sälzeranteile in seinen Besitz gebracht hatte. Der Entschluss zum Verkauf resultierte daraus, dass Anfang des 19. Jahrhunderts durch Abbau von Steinsalz die Salzgewinnung durch Sole unrentabel wurde und man 1908 auch in Salzkotten die Salzproduktion einstellte. Im Volksmund ist immer noch zu hören, dass Josef Jürgens der Stadt damals das Salinengelände vor der Nase weggeschnappt haben soll.

Bis zum 16. Oktober 2007 gehörte das Haus Dietger Wüst (Bonn), einem Nachkommen aus der Familie Jürgens. Er hat vor dem Verkauf auf dem Dachboden noch viele Unterlagen von Bürgermeistern und alten Salzkottener Familien gefunden. Darunter auch Aufzeichnungen, dass in dem Haus schon einmal die Rendantur der Kirchengemeinde untergebracht war. Wüst liegt am Herzen, dass zwei kleine Fenster im Obergeschoß, in denen sich über 100 Jahre alte Scheiben, in denen sogar der Name Blome ablesbar ist, der Nachwelt erhalten bleiben. Ebenso wertvolle Kacheln im Untergeschoss. Jetziger Besitzer ist die Accentbau und deren Chef, der Architekt Werner Niggemeier äußerte folgendes: “Wir werden dort traufenständig wie jetzt und ähnlich groß ein auf Stadtansprüche zugeschnittenes Haus mit sechs Wohnungen, großen Dachterrassen und einem Aufzug erstellen. Natürlich auch mit entsprechender Verglasung – falls jemanden das schöne Glockengeläut stört (scherzhaft, die Red.). Als Salzkottener Junge werde ich natürlich darauf achten, dass sich der Neubau behutsam in das Umfeld des Platzes eingliedert.”

Das 355 Jahre alte Gebäude wurde 1965 zum Geschäftshaus umgebaut und durch vier große Schaufenster aus Metall ein wenig verunstaltet. Zwei Elektrofirmen sowie je ein Wäsche- und Schuhgeschäft, die Caritas Begegnungsstätte “Quo vadis” und ein Second-hand-Shop präsentierten sich danach im Erdgeschoss. Einst hatte das alte Sälzerhaus im Rund der Stadtkirche zu den schönsten Gebäuden der Salzkottener Altstadt gehört.

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